Oktober 1995

 

Der Ghettokampf in Warschau

Marek Edelmann: "Das Ghetto kämpft"

 

 

Marek Edelmann schrieb das Buch "Das Getto kämpft", direkt unter dem Eindruck der Befreiung vom Faschismus in London 1945. Das Buch beinhaltet die ergreifende Schilderung des Widerstands der Bevölkerung im jüdischen Ghetto. Marek Edelmann selbst war eines der Führungsmitglieder der "Jüdischen Kampforganisation" (ZOB) sowie Mitglied der Jüdischen Sozialistischen Partei Polens (BUND) wurde Arzt und lebt heute in Lodz.

 

Das Buch beginnt mit der Okkupation Polens durch die Nazis 1939. Für die jüdische Bevölkerung brach eine furchtbare Zeit an. Juden wurden Schritt für Schritt ihrer Freiheiten beraubt. Sie durften nicht in Schlüsselindustrien arbeiten, der Handel mit "Ariern" wurde verboten, sie durften sich nicht von "arischen" Ärzten behandeln lassen, noch war es einem jüdischen Arzt erlaubt, "Arier" zu behandeln. Sie durften die Stadt nicht ohne spezielle Genehmigung verlassen u. s. w. Nach dem 12. November 1939 mußte jeder Jude über 12 Jahren eine weiße Armbinde mit blauem Davidsstern tragen. Bereits in den ersten Novembertagen 1939 gab es Erschießungen von 53 jüdischen Bewohnern der Malewkistraße 9 weil ein Bewohner einen polnischen Polizisten geschlagen hatte. Der Terror ging weiter. Die jüdische Bevölkerung wurde im Ghetto isoliert. Ca. 300.000 Menschen wurden hinter Mauern und Stacheldraht auf engstem Raum zusammengepfercht. Hunger und Krankheiten rafften Tausende von Menschen dahin. Zu alldem kam der systematische Terror der SS. 1942, nach der Wanseekonferenz, bei der die planmäßige industrielle Vernichtung der Juden beschlossen wurde gab es Massendeportationen von Ghettojuden in die Gaskammern von Auschwitz und anderer Konzentrationslager. Jeden Tag wurden fast 6.000 Menschen zum Umschlagplatz gebracht, wo sie in Viehwaggons gepfercht wurden, um in den Vernichtungslagern ermordet zu werden. Die "Jüdische Kampforganisation" begann schon während der Anfangszeit damit die Ghettobevölkerung über die KZs zu informieren und versuchte die Ghettobevölkerung davon abzuhalten, zum Umschlagplatz zu gehen. Viele Menschen konnten sich - trotz aller Repressalien - nicht vorstellen, daß sie systematisch vernichtet werden sollten.

 

Erst als zwei Drittel der Bevölkerung bereits aus dem Ghetto deportiert waren, fingen die Menschen an dem ZOB glauben zu schenken und sich zu organisieren. Die verbliebenen Juden rüsteten sich zum Widerstand. Neben den Nazis wurden auch Kollaborateure aus dem Ghetto selbst bekämpft. Trotz der schlechten Ausrüstung ( hauptsächlich selbstgebastelte Sprengsätze sowie wenige Gewehre und Pistolen) konnte die SS 1943 aus dem Ghetto hinausgejagt werden. Durch die Einheit der Bevölkerung konnte sich der ZOB sechs Wochen lang gegen die bis an die Zähne bewaffnete SS halten. Selbst als die SS Panzer einsetzte, konnten sich die Nazis unter größten Schwierigkeiten im Ghetto bewegen. Die SS machte sich dann daran, das Ghetto anzuzünden. Alle 60.000 Juden fanden den Tod, bis auf eine kleine Gruppe, die durch die Kanalisation flüchten konnte. Der Kampf der Ghettojuden wurde zum Fanal des Widerstandes gegen die angeblich unbesiegbare Wehrmacht.

 

Der Kampf der Männer und Frauen des jüdischen Widerstandes ist dank diesem Buch nicht untergegangen. Sehr lesenswert! "Das Ghetto kämpft" von Marek Edelmann ist im Harald - Kater - Verlag, in Berlin erschienen und kostet 14.80 DM.

 

Rita vom Landesarbeitskreis Antifa der Berliner Jusos